Monat: März 2012

Rebecca James – Die Wahrheit über Alice

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Inhalt: Katherine Patterson ist ein Mädchen, das sich nichts mehr wünscht, als in der Masse an ihrer High School in Australien unterzugehen. Es zieht sie nicht ins Rampenlicht. Nicht mehr. Seit damals, seit dem einen Abend, der ihr Leben völlig umgeworfen hat und nichts mehr so gelassen hat, wie es war. Niemand soll erfahren, was für eine dunkle Geschichte in ihrer Vergangenheit darauf lauert, endlich ans Licht gelassen zu werden. Doch als sich die beliebte und lebensfrohe Alice um ihre Freundschaft bemüht, blüht Katherine auf. Sie weiß nicht recht, womit sie Alices Aufmerksamkeit verdient hat, doch sie tut ihr sichtlich gut und scheint sie ein Stück weit wieder ins Leben zurückzuholen. Doch dann wandelt sich Alice mit einem Mal und wird von der immer lächelnden Freundin zur gnadenlosen Feindin, die nichts unversucht lässt, um Katherine das Leben schwer zu machen.
Amhranai meint: Das erste Buch von Rebecca James ist eins, das man nicht aus der Hand legen kann, bevor man es nicht fertig gelesen hat. Die zwei Gesichter von Alice – liebevoll und bemüht, und zur gleichen Zeit gehässig und grausam – geben nicht nur Katherine Rätsel auf, die sich durch Alice immer wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert sieht, sondern versetzen auch die Leser in Unwohlsein. Man kann miterleben, wie sich die Freundschaft von Katherine und Alice im Laufe des Buches entwickelt und zu was Alice eigentlich fähig ist. Die Gründe für den Wandel in ihrem Verhalten scheinen tiefenpsychologisch und sorgen für den einen oder anderen Schauer, der einem über den Rücken läuft. Wie ein Mädchen, das so schön und beliebt ist wie Alice, so unfassbar unmenschlich sein kann und es trotzdem noch schafft, die Menschen um sie herum in ihrem Bann zu halten, ist eines der großen Geheimnisse des Buches. Das zweite ist die Vergangenheit von Katherine, gespickt mit Trauer und einem schrecklichen Verlust. Ganz langsam enthüllt sie ihre Geschichte, die sie dazu gebracht hat, ein neues Leben fern von ihrer Familie zu beginnen, und erst am Ende versteht man wirklich ,was sie eigentlich durchgemacht hat. Dass sie ausgerechnet an Alice gerät, scheint zunächst ein Glücksfall zu sein, entpuppt sich jedoch allzu bald als ein Albtraum.

Nach Ende des Buches habe ich darüber nachgedacht, warum der Titel des Buches „Die Wahrheit über Alice“ heißt und nicht „Die Wahrheit über Katherine“, denn eigentlich geht es ja überwiegend um die Vergangenheit dieses jungen Mädchens. Es wird so ein großes Geheimnis darum gemacht, was damals geschehen ist, dass sich unwillkürlich einige Bilder im Kopf des Lesers festsetzen, die erst nach und nach revidiert werden. Was der Grund für Alices Verhalten ist, bleibt allerdings noch mehr im Dunklen, so dass ich den Titel im Nachhinein gerechtfertigt finde. Auch in der englischen Originalausgabe „Beautiful Malice“ findet sich der Verweis auf Alice und dass es eigentlich in diesem Buch mehr um sie gehen soll als um Katherine, aus dessen Perspektive wir die gesamte Geschichte erleben.

Insgesamt ein unheimlich gutes Buch mit sehr großem Gänsehautfaktor und vielen Gedanken, die auch im Nachhinein noch präsent bleiben. Das ansprechend gestaltete Cover mit dem verschnörkelten und hervorgehobenen Schriftzug bei „Alice“ und den roten Rosenblättern im Kontrast zu dem bleichen Mädchen unterstützen diesen Eindruck noch. Absolut lesenswert!

J.R.R.Tolkien – Der kleine Hobbit

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Inhalt: Bilbo Beutlin ist ein Hobbit, der das Leben eher gemütlich angehen lässt. Ein zweites Frühstück am Morgen, ein ausgedehnter Kaffeeklatsch am Nachmittag und vielleicht auch ein nächtlicher Snack sind Dinge, die sein Leben in geregelten Bahnen laufen lassen. Bis zu dem Tag, an dem er Gandalf begegnet, der mit dreizehn Zwergen in sein gemütliches Haus einkehrt und ihn entgegen seinem Willen in das größte Abenteuer seines Lebens hineinzieht. Alle gemeinsam machen sie sich auf, einen vor langer Zeit geraubten Schatz zurückzuerobern, und wie man sich vielleicht denken mag, ist der Weg dorthin alles Andere als ein gemütlicher Sonntagsspaziergang. Gandalf, Bilbo und die Zwerge stoßen auf der Suche mehr als einmal an ihre Grenzen und entgehen nur knapp dem Tod. Kann ein vermeintlicher Meisterdieb (wie Gandalf ihn den Zwergen vorstellt) es mit einer Hand voll missmutiger Zwerge schaffen, dieses Abenteuer zu bestehen?

Amhranai meint: Wer den Herrn der Ringe gelesen hat, kennt auch Bilbo Beutlin, den alten Hobbit, der in Auenland friedlich vor sich hinlebt, scheinbar ohne zu altern. Im kleinen Hobbit, der der Geschichte von Frodo und seinen Gefährten vorausgeht, lernt man eine ganz neue Seite von Bilbo kennen – er ist verhältnismäßig jung und scheut vor allem zurück, was sich da Abenteuer schimpft. Auf eine gefährliche Mission wie diese zu gehen, dazu noch mit lauter Gestalten, die er nicht kennt, behagt ihm gar nicht und doch hat er keine Wahl,als sich ihnen anzuschließen. Im Laufe des Buches wächst er mehr als einmal weit über seine eher geringe Körpergröße hinaus und beweist, dass Gandalf ihn völlig zurecht mit dieser Aufgabe betraut hat.

Die Geschichte von Bilbo ist angenehm zu lesen, zumal es sich hier ja auch ursprünglich um ein Kinderbuch handelte und die Sprache dementsprechend angepasst ist. Die Abenteuer, die der Hobbit, der Zauberer und die dreizehn Zwerge bestehen müssen, gehen über das normale Vorstellungsvermögen und die Realität weit hinaus – aber Tolkien ist ja auch nicht für seine Geschichten mitten aus dem Leben bekannt geworden. Was mich extrem gestört hat, sind die Grafiken im Buch (deshalb habe ich auch bewusst eine Abbildung meines Buches als Bild eingestellt, damit klar wird, welche Version ich meine), da diese in keinster Weise dem entsprechen, was ich mir, ausgehend von den drei HdR-Filmen, vorgestellt habe. Wer die Filme nicht gesehen hat und nicht weiß,wie ein Hobbit aussehen kann, der mag mit dieser Version gut bedient sein, da die Bilder die Geschichte ein wenig auflockern und zusätzlich zu den einzelnen Kapiteln für Struktur sorgen. Mich haben die Bilder zum Einen im Lesefluss gestört, zum Anderen waren sie aber auch derart stark entgegen dem, was ich im Kopf hatte, dass sie grundsätzlich Frustration bewirkten. Selbstverständlich waren die Filme noch nicht gedreht worden, als dieses Buch veröffentlicht wurde, dennoch hätte ich mir zu diesem Zeitpunkt doch eine andere Version gewünscht.

Birgit Vanderbeke – Die sonderbare Karriere der Frau Choi

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Inhalt: In einem kleinen Dorf in Südfrankreich ist nichts mehr so, wie es einmal war, seit Frau Choi dort ihr koreanisches Restaurant „Bapguagup“ eröffnet hat. Von überall her kommen die Menschen, um ihr außergewöhnliches Essen zu probieren und sich von dem unwiderstehlichen Charme bezaubern zu lassen, der den Ort ihrer Selbstverwirklichung umgibt. Doch das Auftauchen von Frau Choi bringt neben viel Neuem auch Rätselhaftes mit sich – Menschen versterben plötzlich und unerwartet. Keiner kann sich erklären, wie dies in dem Dorf, in dem eigentlich nie etwas geschieht, passieren kann, doch ob Frau Choi damit in Verbindung gebracht werden kann, ist unmöglich zu sagen.

 

Amhranai meint: Die sonderbare Karriere der Frau Choi ist nicht das erste Buch, was ich von Birgit Vanderbeke gelesen habe – während meiner Schulzeit habe ich mich intensiv mit dem Muschelessen auseinandergesetzt und mich aufgrund meiner Faszination für diese Geschichte sogar dafür entschieden, sie als eines meiner beiden Prüfungsthemen im mündlichen Abitur zu nehmen. Der Stil, in dem das Muschelessen geschrieben war, stieß mich – im Gegensatz zu einigen Mitschülern – nicht ab, sondern regte mich zum Nachdenken und zum näheren Nachlesen an. Mit diesen Erinnerungen im Hinterkopf habe ich mich nun an das nächste Buch von Birgit Vanderbeke gewagt, gespannt auf das, was mich nun erwartet. Zum Einen sind meine Erwartungen erfüllt worden, da die Geschichte von der Koreanerin Frau Choi, die es in ein kleines -nicht namentlich genanntes – Nest in Frankreich verschlägt und die sich dort verwirklichen will, zugleich faszinierend und äußerst rätselhaft ist. Es lässt sich nicht definitiv sagen, dass ihr Restaurant und die ungewöhnlichen Zutaten, die sie in ihren Mahlzeiten verarbeitet, in Verbindung stehen mit den mysteriösen Todesfällen, die das Dorf erschüttern. Zwar fallen einige Andeutungen, doch ob diese wahrgenommen oder abgetan werden, bleibt jedem Leser selbst überlassen. So oder so bildet das Buch mit seinen gut einhundertzwanzig Seiten einen angenehmen Lückenfüller, der das Herz eines jeden Krimi-Fans zumindest kurzweilig höher schlagen lässt.

Der Schreibstil von Vanderbeke ist nicht der einer „klassischen“ Romanautorin – sie schreibt in der dritten Person, addressiert aber zwischenzeitlich auch direkt den Leser. Dadurch bleibt der Leser die ganze Zeit über in das Geschehen integriert und könnte sich vermutlich auch direkt in dieses Dorf versetzen, wenn denn die gewollte Anonymität nicht vorhanden wäre. So aber bleibt alles, was in diesem kleinen Dorf in Frankreich geschieht, hinter Schloss und Riegel. Dadurch, dass Vanderbeke in ihrer wörtlichen Rede keine Anführungszeichen verwendet, liest sich die Geschichte, die zudem auch nicht durch Kapitel unterteilt ist, wie eine Sammlung von Gedanken, die ein Reiseführer einem interessierten Publikum darbietet, gleichzeitig erinnert sie aber auch an einen Krimi-Abend, in den die Zuschauer bis zu einem gewissen Grad eingebunden werden sollen. Die Mischung von Nähe und Distanz (auch gewährt dadurch,dass zwar Einblicke in die Gedanken der anderen Charaktere gegeben werden, niemals aber die Absichten und Pläne von Frau Choi aus ihrer Sichtweise geschildert werden, so dass man sich eher mit den Dorfbewohnern identifizieren kann als mit ihr, der Außenseiterin) ist sowohl inspirierend als auch frustrierend, da man gerne mehr wissen möchte als die vermeintlich einfältigen Dorfbewohner, aber immer wieder vertröstet wird.

Wie schon im Muschelessen finden sich auch in diesem Buch Motive, die wiederholt werden. Hier ist das zum Einen die Erwähnung von Werwölfen und weißen Frauen (also Fantasiegestalten), an die im Dorf angeblich keiner mehr glaubt. Sie stehen dafür, dass im Dorf die Rationalität vorherrscht und man sich eigentlich nicht mehr von Geschichten und Legenden einschüchtern lässt. Vermutlich ist dies auch ein Grund dafür, warum Frau Choi, ohne hinterfragt zu werden, ihr Geschäft weiter betreiben kann. Reine Spekulationen sind nicht in den Köpfen der Bewohner von M** (so wird das Dorf genannt) vorgesehen, was durch diese Phrase wiederholt hervorgehoben wird. Damit bleibt auch (wie bereits oben erwähnt) der Leser ein Stück weit auf der Strecke, zur gleichen Zeit aber ist er den Dorfbewohnern ein kleines Stück voraus: durch die entschuldigend wirkende Aussage wird man mit der Nase darauf gestoßen, dass reine Rationalität manchmal einfach nicht weiterhilft und man auch an das Übersinnliche glauben sollte. Dies scheinen die Bewohner noch nicht verstanden zu haben (oder sie haben einst so gedacht, bevor sie diesen Teil ihrer Fantasie zu ihrem eigenen Schutz wieder eingesperrt haben).

Mein Fazit: Ich bereue es nicht, das Buch gekauft zu haben, doch trotz seiner Kürze wirkt die Geschichte manchmal etwas langatmig. Dies liegt wohl größtenteils an der fehlenden Kapitelaufteilung, da dadurch der gesamte Inhalt auf einmal auf einen einstürzt. Nichtsdestotrotz sind die Machenschaften von Frau Choi durchaus betrachtenswert und regen die Fantasie des Lesers zum Nachdenken an.